Dienstag, 9. Oktober 2012

Einfach so...

Sie war jung, noch keine 14, doch im tiefsten inneren war sie schon alt. So alt, dass sie sich kaum noch an ihre Kindheit erinnern konnte. Zwar waren da noch Gedanken an die Eiscremetüten im Sommer, die heiße Schokolade im Winter, Schlittschuhlaufen auf viel zu dünnem Eis, die Schrammen vom Skaten.
Der Blick in die Vergangenheit ließ das kleine Mädchen wieder erscheinen, welches sich die Haare in Farben wie Violett färbte oder sich Streifen in die Haare tönte. Hatte sie Stil? Sie musste kurz Überlegen als sie da stand. Die Krawatte im Schottenmuster wehte mit ihrem bunten Haar um die Wette, das schwarze T-shirt mit dem aufgemalten Spruch "Live like an eagle, die like a stone" lag sehr eng an, die weite Baggy Pants in Grau verbarg ihre viel zu dünnen Beine, ihre abgewetzten Turnschuhe hatten schon all ihre Farbe verloren. Waren sie früher grau hatten sie heute ein hässliches Beige angenommen. Nein... hatte sie nicht.

Sie schaute in die Ferne, ließ den Blick schleifen. In der Ferne blinkten im verwaschenen Sonnenlicht eines trüben Novembertages blinkten die Dächer ihrer kleinen Stadt. Einer Stadt die sie nicht mochte, die sie einengte, die Stadt wo all das passiert war.
Das Mädchen schaute auf seine Arme. Die Narben dort zeichneten Einen Abschnitt voller Schmerz. Vor ihren Augen hatte sie nur Hohn und Gelächter. Ihre Lehrer die sie für verrückt erklärt hatten, weil sie es wagte Krawatten zu tragen, sich schon früh die Haare färbte oder die Nägel pechschwarz lackiere. Die Klassenkameraden die sie hänselten, die anderen auf der Schule die auf sie zeigten wenn sie vorbei ging.
Es wurde besser als die Ferien begannen.
Sie kam jeden Tag an diesen Ort.
Dort lies man sie in Ruhe. Man musste etwas klettern, einen Trampelpfad nehmen und man musste schwindelfrei sein.
Sie setzte sich hin. Wie lange war sie eigentlich schon hier? Sie hatte keine Ahnung. Eine Zigarette anzündend ließ sie den Abschnitt nach den Sommerferien passieren.
Ihre Eltern waren der Meinung sie war zuhause nicht mehr sicher. Sie sollte auf ein Internat gehen. Nicht weit weg, aber so, dass sie nur jedes Wochenende nach Hause kommen konnte.
Auf dem Internat war es ok. Sie hatte keine Freunde, sie wollte auch keine, aber man ließ sie in Ruhe, war freundlich zu ihr.
Sie war nicht die einzige die Alternativ war und Probleme hatte. Es war nicht gut aber in Ordnung.
Doch dann hörte sie von dem Streit zuhause. Ihr Vater wollte, dass sie wieder auf eine normale Schule ging, die Mutter wollte, dass sie in eine Schule nach Afrika ging, dort wo die Menschen wirklich Probleme haben und keine dahingestellten die man sich selber gemacht hatte. In ein armes Land, wo die Menschen wirklich nichts haben.
Die Mutter mochte es nicht wenn sie sich anzog wie ein Punk, sie hatte es lieber wenn ihre Tochter wie alle anderen Mädchen Jeans, T-shirt, Blazer trugen, sich hübsch schminkten und ordentlich aussahen.
Nike stand da, wie eine Statuette. Der Wind hatte sich gelegt. Ihre Haare, sie hatte sie gestern noch violett, grün und schwarz gefärbt fielen ihr unordentlich über Schultern und Gesicht. Langsam strich sie ihre Haare zurück, schüttelte den Kopf, rieb sich die Maskarakrümel aus den Augen.
Würde ihre Mutter sie sehen. Ordentlich war kein Wort für sie. Sie mochte das Wort nicht. Ordnung hieß geregelter Tagesablauf, Essen was man musste, in einem Bett schlafen, dass eine zu harte Matratze hatte. Ordnung hieß Unterordnen.
Darauf hin hatte sie, die Göttin des Siegs, reißausgenommen. Schlief unter einem Gebüch, nur gehüllt in einen Mumienschlafsack den ihr irgendjmand mal geschenkt hatte. War schon Tage nicht mehr zuhause. Sie hatte etwas zu Essen und ein Back floss in der Nähe. Das genügte
Sie setzte sich auf einen kleinen Felsen und schaute nach unten, dabei knabberte sie an einer Reiswaffel, die scheußlich schmeckte aber ihren Hunger stillte.
"Alle wollen, dass ich mich füge, warum akzeptieren sie mich nicht wie ich bin? Ich kann nicht wie sie sein. Mama hat mir den Namen einer Göttin gegeben, aber sie behandelt mich wie eine Dienstmagd. Ich möchte doch nur die sein die ich bin".
Sie merkte gar nicht, dass die Tränen die sie weinte ihre schwarz geschminkten Katzenaugen verwischten. Sie  war hübsch, wenn sie wollte. Doch sie spürte, dass sie innerhalb des letzten halben Jahres stark gealtert war. Im Körper einer 14jährigen steckte der Geist einer 80jährigen Frau. Sie hatte zuviele Sorgen erlebt. Abgeschoben von den Eltern, Verrückt erklärt weil sie versuchte so zu seinn wie sie war. "Live like an eagle, die like a stone"
Der Wind frischte auf, wehte kühl von Osten. Nike bekam eine Gänsehaut als sie da saß. "Osten ist die Himmelsrichtung eines neuen Tages. Bald wird ein neuer Tag kommen. Bald werden es alle wissen. Nike ist wie ein Adler"
Der Wind wurde frischer als Nike aufstand, die Augen schloss, ihre Arme die schon Gänsehaut hatten ausbreitete und sich vom Felsen fallen ließ.
Einfach so











Der Aufprall war dumpf, sie hauchte sofort ihr Leben aus. Spaziergänger fanden sie nur einige Stunden später. Das Begräbnis war groß. Mitglieder ihrer beiden Schulen kamen, heulten scheinheilig um anschließend noch tagelang über "die bekloppte Selbstmörderin" zu lästern. Ihre Eltern gingen sofort nach der Beerdigung nach Hause und sprachen über ihre Tochter kein Wort mehr. Sie existierte nicht
Von ihrem Himmel aus sah die Göttin in Punkerklamotten ihnen dabei zu und lächelte. "Ihr habt mich nie gekannt und ich bin da wo ich hingehöre. Live like an eagle, die like a stone. Einfach so..."

1 Kommentar:

  1. Uff..... heftig... Abe rnicht verkehrt geschrieben.

    Jeder hat seine eigenen Probleme, die anderen vielleicht niedrig vorkommen, für andere unüberwindbar.
    Auch ich hab so meine Probleme, aber die sehen andere nicht. Dafür kommen mir die Probleme meiner Schwester so selbstgemacht und klitzeklein vor. Sie wiederum braucht einen Psychologen, um damit klar zu kommen.
    Man sollte mehr auf andere hören und auch zuhören..

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